27. Okt 2014

Mit dem Rücken zur Wand.

Ich stehe mit dem Rücken zur Wand. Ich schau zur Tür und an die Decke. Abwechselnd. Ich schau gleichgültig. Und durch die Anderen hindurch. Ich hoffe, keinen Krümel oder Ähnliches im Gesicht zu haben. Ich sage nichts. Die Anderen auch nicht.

Wir sind im Fahrstuhl. Vor dem Fahrstuhl haben wir noch „Guten Morgen“ gesagt. Im Fahrstuhl sprechen wir nicht. Es sei denn, ich bin mit zwei Männern drin, die miteinander gekommen sind und sich kennen. Dann reden die. Miteinander. Sie reden für mich. Sie wollen witzig sein. Und kalauern über irgendwas. Ich lache nicht. Ich schweige. Sie kalauern noch eine Runde schärfer. Wir sind unten angekommen. Ich sage „Einen schönen Feierabend wünsch ich!“. Erleichtert sagen sie dasselbe.

Und wir gehen zum Ausgang. Ich überlege, ob die jetzt noch was Bösartiges über mich sagen oder mich augenblicklich vergessen. Sie vergessen mich. Ich bin ja keine 20jährige Blondine. Wären wir steckengeblieben, hätten wir geredet. Erst einmal über die Situation und – je nach Länge der Situation – über uns.

Fahrstühle sind wunderbar. Sie reizen meinen Humor. Und haben ihre eigenen Gesetze. Ich denke an eine Werbung, in der alle Fahrstuhlfahrer miteinander singen. Ich glaub, es ging um eine Süßigkeit, die jemand allen anbietet. In dem Fahrstuhl, in dem ich immer fahre – vier Stockwerke – würde das nicht funktionieren. Manchmal überlege ich, ob ich die Anderen frage, was sie denken. Und ob die Anderen das auch überlegen.

Und ich denke darüber nach, warum das so ist, dass das Nebeneinanderstehen im zu engen Raum seine eigenen Gesetze entwickelt. Man will sich nicht noch näher kommen. Man demonstriert, dass man dem Anderen nicht auf den Pelz rücken wird. Das ist wahrscheinlich beruhigender, als wenn jemand Pralinen verteilt. „Ich werde Dir nichts tun. Und Du tu‘ mir bitte auch nichts.“ Das ist das Agreement. Sollten wir „Steckenbleiben“ können wir noch genug reden. Wir fahren störungsfrei.


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